In der Finanz- und Unternehmenswelt gibt es viele spezielle Fachbegriffe. Nur wenige Menschen, auch Privatanleger, kennen ihren genauen Inhalt oder Nutzen. Dazu gehört auch der Leverage-Effekt, zu Deutsch Hebeleffekt. Alternativ werden andere Begriffe hierfür verwendet, zum Beispiel Financial-Leverage-Effekt oder auch Hebelwirkung des Fremdkapitals. Für Unternehmen und Privatanleger ist dieser Effekt von beträchtlicher Bedeutung, denn er kann nützlich aber auch risikoreich sein.
Der Leverage-Effekt zeigt auf, wie die Rendite durch das zusätzliche Aufnehmen von Fremdkapital verändert werden kann. Genauer gesagt beschreibt der Leverage-Effekt, wie Unternehmen ihre Eigenkapitalrendite erhöhen können, indem sie sich verschulden. So soll der wirtschaftliche Erfolg gesteigert werden. Diese ist für Gesellschafter oder Aktionäre ein Indikator dafür, wie sich ihre Investition ins Unternehmen entwickelt hat und ob sie rentabel ist. Durch eine Verschuldung möchten Unternehmen einen positiven Effekt auf die Eigenkapitalrendite erzielen. Dazu wird der Einsatz von Fremdkapital genutzt. Das Fremdkapital erzeugt eine Hebelwirkung auf die Eigenkapitalrentabilität. Die Höhe der Eigenkapitalrendite lässt sich auf diese Weise überproportional verändern. Dies kann sowohl positiv als auch negativ passieren. Je höher die Verschuldung, desto stärker wirkt der Leverage-Effekt.
Durch die Gesamtkapitalrentabilität eines Unternehmens wird berechnet, wie effektiv das Kapital eingesetzt wird und wie hoch das Gesamtkapital an Gewinn bringt. Je höher der Wert dieser Kennzahl, desto effektiver „arbeitet“ das Kapital. Die Gesamtkapitalrendite ergibt sich aus dem Gewinn zuzüglich Fremdkapitalzinsen geteilt durch das Eigenkapital und multipliziert mit 100. Die Fremdkapitalzinsen zeigen die Kosten für das Fremdkapital eines Unternehmens an. In der Theorie könnten Unternehmen und Anleger immer weiter Eigenkapital durch Fremdkapital ersetzen und dadurch die Eigenkapitalrentabilität erhöhen. Die Stärke des Leverage-Effektes ist vom Verschuldungsgrad abhängig.
Wenn alle Kennzahlen bekannt sind, lässt sich der Leverage-Effekt folgendermaßen ausrechnen:
Eigenkapitalrendite = Gesamtkapitalrendite + Verschuldungsgrad x (Gesamtkapitalrendite – Fremdkapitalzins)
Möchte ein Unternehmer eine wichtige Neuanschaffung für sein Unternehmen tätigen, so kann er einen Bankkredit mit einem jährlichen Zinssatz von 8 Prozent aufnehmen. Mit seiner Neuanschaffung ist er in der Lage eine Gesamtkapitalrendite von 10 Prozent zu erwirtschaften. So wirkt der Leverage-Effekt. Mit einem geringeren Einsatz von 8 Prozent Fremdkapital kann er einen höheren Ertrag von 10 Prozent erlangen. Die Eigenkapitalrendite ist somit abhängig vom aufgenommenen Fremdkapital.
Auch Anleger können diese Hebelwirkung nutzen. Wenn der Fremdkapitalzins unter der Gesamtkapitalrendite liegt, können Anleger zu diesem Zeitpunkt gezielt Fremdkapital aufnehmen und die Erhöhung der Eigenkapitalrendite für ihre Investitionen nutzen. Um die Hebelwirkung zu nutzen, kaufen diese Aktien, indem sie Fremdkapital zu geringen Zinsen aufnehmen, die günstiger wären als wenn er mit einem Investment Rendite erzielen könnte. So erhöht der Anleger die Rendite des Eigenkapitals. Er kann mehr Geld investieren, als ohne zusätzliches Fremdkapital und einen insgesamt höheren Gewinn erlangen. Das Ziel sind hohe Renditen bei gleichzeitig geringer Bindung von Eigenkapital. Auch hier muss das Risiko bei der Nutzung des Leverage-Effektes beachtet werden. Aufgenommenes Geld muss an die Fremdkapitalgeber zurückgezahlt werden, auch bei einem Verlust des Investments. Diese Maßnahme der Hebelwirkung birgt die Chance mithilfe des kostengünstig aufgenommenen Geldes auf einen Vermögensaufbau mit hohen Renditen, aber das Risiko eines Verlustes oder gar Totalausfalles ist beim Leverage-Effekt durch die Nutzung von Fremdkapital hoch.
Wichtig: Laien sollten niemals mit geliehenem Geld am Finanzmarkt spekulieren. Das Ausnutzen dieses Effektes sollte nur den Profis überlassen werden.
Der Leverage-Effekt kann in zwei unterschiedliche Richtungen gehen. Der gewünschte positive Effekt kann erst entstehen, wenn die Investitionsrendite größer als der Fremdkapitalzins ist. Dies wird als Leverage-Chance bezeichnet. Je größer die Verschuldung, umso mehr steigt die Eigenkapitalrendite. Aber neben den Chancen dieser Strategie der Hebelwirkung gibt es auch Grenzen und ein klares Risiko. Beschränkte Kreditaufnahmemöglichkeiten oder fehlende Investitionsmöglichkeiten begrenzen den Leverage-Effekt. Eine steigende Verschuldung führt außerdem zu höheren Zinsen.Die Verschuldung kann aber auch nicht nur zu einer besonders hohen Eigenkapitalrendite führen. Ein negativer Effekt wird erreicht, wenn die Fremdkapitalrendite bzw. die Zinsen größer werden. Oder auch wenn die Differenz zwischen Gesamtkapitalrentabilität und Fremdkapitalzins groß ist, sodass die resultierenden Verluste nicht mehr aufgehalten werden können. Dadurch wird die Eigenkapitalrendite negativ verstärkt. Das Leverage-Risiko steigt. Grundsätzlich gilt: Eigenkapital kann nicht ausnahmslos durch Fremdkapital ersetzt werden.
Stand vom 05.10.2018 06:45