von Nicolaus Magnus Karlotto Rolf Von Schlieffen

DiGAs oder „Apps auf Rezept“ – Was steckt dahinter?

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DiGAs oder „Apps auf Rezept“ – Was steckt dahinter?

Bei den umgangssprachlich „Apps auf Rezept“ oder „DiGAs“ genannten digitalen Gesundheits-Anwendungen handelt es sich um, aus Sicht der Krankenkassen, mit verschreibungspflichtigen Medikamenten vergleichbaren digitalen Therapien. Diese können von Ärzt:innen verschrieben werden, damit die Kosten von den Krankenkassen übernommen werden. Die Nutzung der meisten digitalen Gesundheitsanwendungen wird daher von einem behandelnden Arzt begleitet.

Seit wann gibt es digitale Gesundheitsanwendungen?

Die DiGAs wurden durch den Erlass des Digitale-Versorgung-Gesetz, ausgearbeitet vom Bundesgesundheitsministerium unter Führung vom ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, im Dezember 2019 eingeführt – und haben seitdem die Anzahl von Neugründungen im Bereich Medizin- & Gesundheitstechnologien signifikant gesteigert.

Insbesondere in den letzten 2 Jahren herrschte deshalb ein regelrechter Pioniergeist unter den Digital Health Startups. Wieso ist das so?

Erst seit dem Erlass des Digitale-Versorgung-Gesetzes ist es für Patient:innen aller Krankenkassen überhaupt möglich, sich die Kosten für die Nutzung einer medizinischen App erstatten zu lassen. Dies ist insbesondere in einem Land wie Deutschland von essenzieller Bedeutung, da die meisten Medikamente und Therapien nicht von Patient:innen selbst bezahlt werden, sondern von ihren Krankenkassen oder -versicherungen. Daher mussten Anbieter von medizinischen Apps bis dato individuelle Verträge mit Krankenkassen und -versicherungen abschließen, damit ihre Patient:innen die Kosten der Apps erstattet bekommen. Dies war ein komplexer und teurer Weg, der mit langen Vertriebszyklen verbunden war. Insbesondere für Risikokapitalinvestor:innen waren viele medizinische Apps, deren Geschäftsmodell auf der Erstattung durch die Krankenkassen und -versicherungen basierte, daher unattraktiv – auch deshalb hat es lange Zeit keine signifikanten Fortschritte im Bereich der medizinischen Apps gegeben.

Alternative Geschäftsmodelle basierten darauf, dass Patient:innen selbst eine ausreichende Zahlungsbereitschaft hatten, die Kosten für die Nutzung der Apps selbst zu tragen. Allerdings waren und sind nur ein kleiner Teil der Patient:innen dazu bereit, da die tatsächlichen Produktions- und Instandhaltungskosten der Apps ein Vielfaches der üblichen monatlichen Kosten anderer App-Kategorien überstiegen. Viele Anbieter medizinischer Apps setzten daher gänzlich oder zusätzlich auf die Zusammenarbeit mit Pharma-Unternehmen oder Werbung, um ein tragfähigeres Geschäftsmodell realisieren zu können. Allerdings rückten dadurch die Patient:innen als eigentliche Nutzer:innen aus dem Fokus: Die Entwicklung der Apps richtete sich vornehmlich danach, die Nutzer:innen bestmöglich zu monetarisieren (bspw. über Werbung oder den Verkauf von Daten).

Durch die Einführung der digitalen Gesundheitsanwendungen wurde es den App-Entwicklern daher erleichtert, sich auf den Therapieerfolg der Patient:innen zu fokussieren und die Anreize von App-Entwicklern und die Ärzteschaft wurden angeglichen. Stand heute sind 33 DiGAs permanent gelistet, u.a. für die Krankheitsbilder Depression, Migräne, Adipositas und viele mehr. Die vollständige Liste kann man hier einsehen: https://digitalversorgt.de/diga-verzeichnis/

Was muss man als Entwickler und Anbieter von digitalen Gesundheitsanwendungen tun, um eine Erstattung durch die Krankenkassen zu realisieren?

Die Hürden, um als App in den DiGA-Katalog aufgenommen zu werden (womit die grundsätzliche Erstattung durch die Krankenkassen ermöglicht wird), sind hoch:

- die App muss eine Zulassung als Medizinprodukt erhalten

- die App muss durch mehrere klinische Studien den Therapieerfolg belegen

- die User Experience der App muss einen barrierefreien Zugang ermöglichen, d.h. es muss auch Menschen mit Behinderungen möglich sein, die App zu nutzen

- die App muss mehrere datenschutz- und sicherheitsrechtliche Prüfungen durchlaufen und bestehen, die sicherstellen, dass die verwalteten personenbezogenen Daten sicher sind (hierbei steht der ISO 27001 Standard im Fokus)

Was ist der Ausblick der DiGAs?

Sind die Verordnungs- und Genehmigungszahlen aktuell noch überschaubar, wird die Durchdringung mit steigendem Angebot und besserer Anbindung an bestehende Stakeholder weiter steigen. Sollten die Daten zum Behandlungsfortschritt direkt in das ärztliche Kommunikationssystem integriert und im Patientengespräch genutzt werden können, werden Ärzt:innen die Durchdringung der DiGAs noch weiter vorantreiben.

Patient:innen sind zunehmend besser informiert und hinterfragen Behandlungen immer mehr. Des Weiteren haben technologische Entwicklungen bei Computing und Datenspeicherung die Entwicklung von DiGAs in Form von Apps ermöglicht. Im Rahmen einer umfassenden Digitalstrategie des Bundesministeriums für Gesundheit, die die Einführung einer nationalen elektronischen Patientenakte (ePA) ebenso umfasst wie das elektronische Rezept (eRezept), hat der deutsche Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, DiGAs systemkonform in die Regelversorgung gesetzlich Versicherter zu integrieren. Dies könnte DiGA zum weiteren Wachstum verhelfen.

Derzeit basiert ein Großteil der zugelassenen DiGAs auf Elementen der kognitiven Verhaltenstherapie. DiGAs könnten Patient:innen niedrigschwellig und kurzfristig bei psychischen Belastungen unterstützen. Neben den psychotherapeutisch ausgerichteten DiGAs folgen mehrere gelistete Anwendungen in der Ausgestaltung ihrer Inhalte zudem Prinzipien aus der Physiotherapie, der multimodalen Schmerztherapie oder multimodalen Adipositastherapie. Andere DiGAs stellen dagegen keine aktiven Therapieprogramme dar, sondern sehen in erster Linie die Dokumentation von Symptomen und die krankheitsbezogene Wissensvermittlung vor. Die Ausweitung auf weitere Krankheitsbilder, welche noch nicht abgedeckt sind, ist nicht nur für die Patient:innen wünschenswert, sondern deren Chancen für eine dauerhafte DiGA sind höher. Somit kann davon ausgegangen werden, dass weitere Anbieter in das Ökosystem eintreten werden.


 

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