Die meisten Deutschen investieren in ihrem ganzen Leben nie in Aktien. Während es in anderen Ländern durchaus üblich ist, dass auch Privatanleger in Aktien investieren, überwiegt hierzulande die Scheu vor dem Risiko. Doch mit den anhaltend niedrigen Zinsen ändert sich diese Einstellung langsam. Laut der Studie „Aktienkultur in Deutschland“ vom Januar 2017 spielen 58 Prozent der Befragten mit dem Gedanken, Aktien zu erwerben.
Die Studie zeigte auch, dass das Börsenwissen der Deutschen nur mäßig ausgeprägt ist. Ein Drittel der Befragten wisse beispielsweise nicht, dass eine Aktie eine Beteiligungsform an einem Unternehmen darstelle. Dabei sind die Grundlagen des Aktienhandels nicht schwer zu verstehen. Wir führen sie in die Welt der Börse ein und erklären Ihnen die wichtigsten Begriffe.
Als Aktien werden Anteile an einer Aktiengesellschaft (AG) bezeichnet. Wer eine Aktie kauft, besitzt also einen kleinen Teil dieser Firma. Der Käufer wird zum Aktionär und somit zum Miteigentümer der Aktiengesellschaft. Mit dem Aktienkauf verknüpft ist das Recht, auf der jährlichen Hauptversammlung (auch Aktionärsversammlung genannt) über die Unternehmensausrichtung abzustimmen. Häufig ist der Aktienkauf auch noch mit einer Dividende verbunden. Die Dividende ist ein Teil des Gewinns einer Aktiengesellschaft, der an die Aktionäre ausgeschüttet wird.
Damit eine Aktie von der Öffentlichkeit erworben und gehandelt werden kann, muss das Unternehmen zuvor einen Börsengang (Englisch: Initial Public Offering, IPO) verzeichnet haben. Für das Unternehmen ist der Verkauf von Aktien eine Möglichkeit, Kapital zu generieren. Dadurch kann es weiter wachsen und neue Investitionen tätigen. Einen solchen Börsengang streben in der Regel jedoch nur Unternehmen an, die schon eine gewisse Größe erreicht haben, da dieser Schritt mit erheblichem Kosten- und Bürokratie-Aufwand verbunden ist.
Die Börse ist ein Marktplatz, auf dem Wertpapiere gehandelt werden. Dazu zählen neben Aktien auch Anleihen und abgeleitete Finanzprodukte wie Optionsscheine oder Derivate. Außerdem werden dort auch Währungen gehandelt (sogenannte Devisen) sowie Rohstoffe (Öl, Kohle, Getreide, Gold, Silber, etc.). Sie alle zusammen umfassen die leicht eintauschbaren Güter (auch vertretbare Güter genannt). Schwer eintauschbare Wertgegenstände, wie etwa Immobilien oder Maschinen, sind dagegen vom Börsenhandel ausgeschlossen.
Die Preise der Wertpapiere werden nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage in festgelegten Handelszeiten ermittelt und als Börsenkurse abgebildet. Die Börse funktioniert also ein bisschen wie ein alter Marktplatz, auf dem Obst und Gemüse angeboten werden, nur dass die Preise für Wertpapiere an einem Tag stärker schwanken als Lebensmittelpreise. Die Börsenhändler werden auch als Broker oder Makler bezeichnet. Sie wickeln Kauf- und Verkaufsaufträge im Auftrag verschiedener Kunden ab.
Man unterscheidet generell zwischen „echten“ Börsenplätzen mit klassischem Parketthandel, bei dem Händler wild durcheinander rufen und bieten, auf der einen Seite und elektronischen Börsenplätzen, die nur digital existieren, auf der anderen Seite. Der weltweit bekannteste und auch größte „echte“ Börsenplatz ist die New Yorker Börse (New York Stock Exchange, NYSE) in der Wall Street im Stadtteil Manhattan. Weitere wichtige Handelsplätze sind die Londoner Börse (London Stock Exchange, LSE), die Börse in der japanischen Hauptstadt Tokio (Tokyo Stock Exchange, TSE), der chinesische Börsenplatz in Shanghai (Shanghai Stock Exchange, SSE) und der Handelsplatz in Hongkong (Hong Kong Stock Exchange, HKEX).
In Deutschland ist Frankfurt am Main der Hauptsitz der Deutschen Börse. Sie gehört zu den zehn größten Börsenplätzen der Welt und nimmt auch in Europa zusammen mit den Handelsplätzen in London und Paris eine zentrale Rolle ein. Neben dem Handelsplatz in Frankfurt gibt es auch in München, Hamburg, Düsseldorf, Hannover, Berlin und Stuttgart Börsen, an denen mit Wertpapieren gehandelt wird.
Die größte elektronische Börse hat ihren Sitz ebenfalls in New York. Es handelt sich um die US-Technologiebörse Nasdaq, an der die Aktien von Technologieunternehmen wie Apple, Facebook oder Microsoft gehandelt werden. Der größte elektronische Börsenplatz in Deutschland heißt Xetra und hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Der Aktienhandel läuft wie auch beim Nasdaq ausschließlich über Computersysteme.
Als Aktienindex bezeichnet man eine Kennzahl ausgewählter Aktienkurse. Aktienindizes sollen die Entwicklung eines bestimmten Markts widerspiegeln. So gibt es in jedem Land einen Leitindex, der die Entwicklung der dortigen Wirtschaft abbilden soll. Aber es gibt auch Aktienindizes, die ein Teilsegments der Wirtschaft abbilden, also beispielsweise Industrie, Transportwesen oder Technologie.
Der Leitindex der US-Börse Wall Street heißt Dow Jones Industrial Average (DJIA), oder kurz Dow Jones. Dieser Index wurde entwickelt, um die Entwicklung der amerikanischen Börse zu messen. Dafür spiegelt der Dow Jones die Entwicklung der 30 größten US-Unternehmen wider. Der Leitindex der Deutschen Börse heißt Deutsche Aktienindex (DAX). Er spiegelt die Kursentwicklung der 30 größten deutschen Unternehmen wider.
Weitere wichtige Aktienindizes sind der amerikanische Nasdaq Composite (alle Unternehmen des Nasdaq), NYSE Composite (alle NYSE-Unternehmen) und S&P 500 (die 500 größten US-Unternehmen), der japanische Nikkei 225, der britische FTSE-100, der französische CAC-40, der chinesische Shanghai Composite, der russische RTS, der europäische Leitindex Euro Stoxx 50 und der weltweite Leitindex MSCI World (über 1.600 Aktien der 23 größten Industrieländer). All diese Indizes spiegeln die wirtschaftliche Entwicklung der jeweiligen Region oder Branche wider.
Wenn man als Privatperson in den Aktienhandel einsteigen möchte, kann man nicht einfach zu einer Börse gehen. Die Zeiten, in denen man Aktien kauft und dann in Papierform zu Hause liegen hat, sind längst vorbei. Heutzutage läuft fast alles elektronisch ab. Man braucht also zunächst ein Wertpapierdepot, daran führt kein Weg vorbei. Die Handelsaufträge werden dann an professionelle Börsenhändler weitergeleitet, die die Aktien für den Privatanleger kaufen oder verkaufen.
Um ein Depot zu öffnen, geht man entweder zu einer Bankfiliale oder man wählt den Weg über das Internet. Dort kann man bei Online-Banken oder Online-Brokern in kurzer Zeit ein Wertpapierdepot aufmachen. Zu Eröffnung muss man sich einmal identifizieren (Ausweisdokument in der Filiale oder Post-Ident-Verfahren bei Online-Anbietern). Bei der Wahl des Anbieters gilt es abzuwägen, ob man Kosten sparen möchte oder Wert auf eine persönliche Beratung legt. Bei der Beratung ist jedoch immer Vorsicht geboten, da viele Berater auf Provisionsbasis arbeiten.
Wer als Anfänger noch nicht gleich sein Erspartes aufs Spiel setzen möchte, kann auch erst einmal ein Musterdepot eröffnen. Dort wird der Aktienkauf und –verkauf simuliert. Man kann man in dieses Börsenspiel mit Spielgeld investieren und die Entwicklung ausgesuchter Wertpapiere verfolgen. Das kann dabei helfen, erste Berührungsängste abzubauen und auch grundlegende Abläufe beim Aktienhandel nachzuvollziehen.
So lernen Anleger dort zum Beispiel, welche Transaktionskosten wann anfallen und wie sie die Rendite schmälern. Außerdem können sich Anfänger so auch einen Überblick über das Kaufverhalten von Börsenprofis verschaffen, denn auch die führen mitunter Musterdepots und machen ihre Transaktionen einem breiten Publikum zugänglich. Die Börsenprofis konkurrieren dabei miteinander, um so ihre Kompetenz unter Beweis zu stellen und dadurch möglichst viele neue Leser oder Kunden zu gewinnen.
Bevor man mit dem Investieren in Aktien beginnt, sollte man für sich selbst herausfinden, welcher Investoren-Typ man ist. Dann sollte man für sich selbst klare Ziele definieren. Was möchte man mit dem Aktieninvestment erreichen? Möchte man möglichst viel Rendite erzielen, auch auf Kosten eines höheren Risikos? Oder möchte man solide Unternehmensbeteiligungen an etablierten Unternehmen, die zwar keine große Rendite abwerfen, dafür aber auch ein überschaubares Risiko aufweisen? Ist man als Anleger eher auf kurzfristigen Erfolg ausgerichtet oder investiert man auf lange Sicht?
Von diesen Fragen hängt letztlich auch die Anlagestrategie ab. Der sicherheitsorientierte Anleger setzt auf Diversifikation. Er streut das Risiko in seinem Portfolio, um den potentiellen Schaden im Fall eines Kursverfalls zu minimieren. Der renditeorientierte Investor setzt dagegen eher auf das Value Investing. Er sucht gezielt unterbewertete Aktien, die er zu günstigen Konditionen erwirbt und solange hält, bis sie ihren wahren Wert erreicht haben. Diese Strategie erfordert aber umfangreiches Finanzwissen und braucht starke Nerven, denn man muss die Aktien auch in schwierigen Zeiten halten.
Aktieninvestments sind Beteiligungen mit unternehmerischem Risiko. Das heißt, man ist erfolgreich, wenn das Unternehmen erfolgreich ist. Man kann aber auch Verluste erleben, wenn das Unternehmen keinen Erfolg hat. Da niemand die Zukunft kennt, kann auch niemand sagen, wo die Börse morgen, im nächsten Monat oder im nächsten Jahr stehen wird. Ein gewisser spekulativer Charakter ist also bei allen Aktieninvestments gegeben.
Mithilfe von Erfahrungswerten über Marktentwicklungen und der Analyse von Finanzdaten lässt sich die Ungewissheit jedoch eingrenzen und der Börsenstand mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussagen. In diesem Sinne handeln Broker in erste Linie mit Informationen beziehungsweise einem Vorsprung an Informationen. Wer zuerst weiß, dass ein Unternehmen seine Ziele verfehlen wird, kann das Wertpapier zuerst verkaufen, und umgekehrt.
Aktien gelten als Sachwerte, denn man erwirbt als Anleger einen (wenn auch sehr kleinen) Teil eines Unternehmens mit Maschinen, Gebäuden und Mitarbeitern, die ein Produkt oder eine Dienstleistung herstellen. Das Investment hat also, im Gegensatz zu so manchem komplizierten Finanzinstrument, einen realen Gegenwert. Bei etablierten Unternehmen ist die Chance zudem sehr gering, dass sie insolvent gehen und die Aktien dadurch komplett an Wert verlieren.
Um den größten Gefahren der Börse aus dem Weg zu gehen, empfiehlt es sich zunächst, eine Anlagestrategie zu haben. Man sollte also nicht einfach „drauf los kaufen“, sondern einen Plan mitbringen. Mithilfe von Stopp-Kursen, also vorher festgelegten Mindestkursen, können Anleger größere Verluste vermeiden. Dadurch sichern sie ihre Aktien gegen einen zu starken Kursverfall nach unten ab. Die Bank oder der Broker verkaufen die Aktie dann zu einem bestimmten Mindestkurs im Auftrag des Anlegers.
Von Billigaktien (sogenannte Pennystocks) und von komplizierten Finanzprodukten wie Derivaten, Optionsscheinen, Differenzkontrakten (CFDs) und gehebelten Devisengeschäften sollten Anfänger in jedem Fall die Finger lassen. Das Risiko eines Verlustes liegt hier noch einmal deutlich höher als bei Aktien etablierter Unternehmen.
Und schließlich sollte man wie bei jeder Finanzanlage dem Grundsatz folgen: Nur so viel Geld investieren, wie man guten Gewissens verlieren kann! Vom Aktienkauf auf Kredit sollten Anfänger also Abstand nehmen.
Stand vom 09.05.2017 17:33