Startups sind schnell wachsende Unternehmen mit innovativen Geschäftsideen. Um ihr Wachstum zu finanzieren, benötigen Startups besonders in der Anfangsphase viel Kapital. Sie sammeln dieses in mehreren Finanzierungsrunden von Investoren ein und geben dafür Anteile am Unternehmen ab. Je mehr Investoren das Startups mit in den Gesellschafterkreis aufnimmt, desto größer wird das Stammkapital des Unternehmens.
Zugleich müssen besonders die Investoren der ersten Stunde befürchten, dass ihr Anteil am Stammkapital immer geringer wird. Um sich dagegen zu schützen, setzen viele Investoren auf vertragliche Regeln gegen die Verwässerung ihrer Anteile. Die wichtigste Vertragsklausel zum Verwässerungsschutz bei Venture-Capital-Beteiligungen ist die Downround Protection.
Eine der größten Herausforderungen im Venture-Capital-Bereich ist die Unternehmensbewertung eines Startups. Denn diese jungen, schnell wachsenden Unternehmen verzeichnen besonders in der Frühphase kaum Umsätze oder Cashflows, was eine zuverlässige Unternehmensbewertung sehr schwierig macht.
Deshalb kann es passieren, dass Investoren bei einer Finanzierungsrunde auf unterschiedliche Bewertung von Startups kommen. Man spricht im Venture-Capital-Jargon von einer Downround, wenn ein Startup eine Anschlussfinanzierung zu einer Bewertung durchführt, die niedriger ist als die Bewertung der letzten Finanzierungsrunde.
Eine Downround Protection sollte nicht mit dem gesetzlichen Verwässerungsschutz bei Kapitalerhöhungen verwechselt werden. Man spricht von einer Verwässerung, wenn ein Startup im Rahmen einer Anschlussfinanzierung eine Kapitalerhöhung vornimmt, in dem es weitere Anteile an neue Investoren ausgibt. Dadurch erhöht sich das Stammkapital der Gesellschaft, was jedoch die Beteiligungsquote der Erstinvestoren verringert.
Im Venture-Capital-Bereich ist die Verwässerung der Anteile ein üblicher Prozess. Ein Startup beginnt in der Seed-Phase mit wenigen Investoren und geringem Stammkapital. Mit zunehmendem Wachstum benötigt das Startup mehr Kapital. Dadurch kommen neue Investoren in den Gesellschafterkreis, was die Anteile der Alt-Investoren proportional verringert.
Wenn das Stammkapital im Zuge dieser Anschlussfinanzierung beispielsweis um 5 Prozent erhöht wird, wird die Beteiligungsquote der Alt-Investoren um eben diesen Faktor verringert. Sie halten zwar nominell den gleichen Betrag am Unternehmen, aber da das Stammkapital erhöht wurde, verringert sich der prozentuale Anteil, den sie am Unternehmen halten.
Gegen das Sinken ihrer Beteiligungsquote sind die Gesellschafter bereits durch ihr gesetzliches Bezugsrecht geschützt, das ihnen einen Anspruch auf Teilnahme an einer Kapitalerhöhung im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung zusichert. Darüber hinaus können sich Investoren gegen eine wertmäßige Verwässerung ihrer Beteiligung für den Fall einer niedrigeren Unternehmensbewertung in einer späteren Finanzierungsrunde vertraglich schützen. Dafür werden spezielle Klauseln im Beteiligungsvertrag genutzt, die gemeinhin als Downround Protection bezeichnet werden.
Der Verwässerungsschutz einer Downround Protection geht über das gesetzliche Bezugsrecht eines Gesellschafters hinaus. Das Ziel dieser Vertragsklausel ist es, für den Fall einer für Erstinvestoren nachteiligen Unternehmensbewertung und der damit verbundenen Verwässerung ihrer Anteile vorzubeugen. Sie soll zudem verhindern, dass sich spätere Investoren zu deutlich günstigeren Bedingungen in das Zielunternehmen einkaufen können als die Erstinvestoren.
„Oft werden Verwässerungsschutzklauseln dahingehend missverstanden, dass VC-Investoren auf Kosten der Gründer eine allgemeine Absicherung gegen negative Wertentwicklungen des Zielunternehmens in der Zukunft erhalten“, schreiben die Rechtsanwälte der Kanzlei „P+P: Pöllath + Partners“ in ihrem Aufsatz „Anti-Dillution Protection bei Venture-Capital-Beteiligungen“. „Eine schlechte Marktakzeptanz beispielsweise fällt aber in den originären Risikobereich des VC-Investors, ein Ausgleich durch die Gründer würde dem Beteiligungsmodell des ‚Risiko-Kapitals‘ widersprechen.“
Vielmehr sollen durch die Downround Protection die Unsicherheiten bei der Bewertung des Unternehmens im Zeitpunkt der Investition abgesichert werden. Solche Downround Protections sollten daher aus Gründersicht generell eine zeitliche Begrenzung enthalten oder auflösend bedingt auf eine nachfolgende Finanzierungsrunde mit einer höheren Unternehmensbewertung vereinbart werden, so die Anwälte von P+P weiter.
Das nachfolgende Beispiel soll Funktion und Ziel der Downround Protection zu verdeutlichen. Investor A beteiligt sich im Rahmen einer Series-A-Finanzierungsrunde mit 750.000 Euro an der Startup GmbH. Das Stammkapital der Startup GmbH beträgt 25.000 Euro und besteht aus 25.000 Anteilen zu je 1 Euro. Die Pre-Money-Bewertung der Startup GmbH liegt bei 1.000.000 Euro. Damit ergibt sich ein rechnerischer Wert der Unternehmensanteile von 40 Euro je Anteil.
Aufgrund seines Investments stehen dem Investor also 18.750 Anteile an der Startup GmbH zu. Der Investor verpflichtet sich nach Eintragung der Kapitalerhöhung, eine freiwillige Zuzahlung in Höhe von 731.250 Euro (Gesamtinvestment abzüglich Stammeinlagen) in die Kapitalrücklage der Gesellschaft zu zahlen. Nach Eintragung der Kapitalerhöhung beträgt das Stammkapital der Startup GmbH 43.750 Euro bei einer Post-Money-Bewertung von 1.750.000 Euro.
Anschließend führt die Startup GmbH eine Series-B-Finanzierungsrunde durch, in der sich dieses Mal Investor B mit 750.000 Euro am Unternehmen beteiligen möchte. Allerdings erzielt die Startup GmbH nun nur noch eine Pre-Money-Bewertung von 1.250.000 Euro. Demnach darf Investor B 26.250 Anteile zu einem Nennwert von 1 Euro an der Gesellschaft übernehmen. Die Post-Money-Bewertung des Unternehmens nach der Series-B-Runde liegt bei 2.000.000 Euro.
Von den insgesamt 70.000 Anteile der Startup GmbH hält Investor A zwar noch unverändert 18.750 Anteile, doch seine Anteile sind deutlich im Wert gesunken. Statt der bisherigen 750.000 Euro sind seine Anteile nur noch 535.714,29 Euro wert. Das bedeutet, dass Investor A einen Wertverlust von 214.285,71 Euro erlitten hat. Der tatsächliche Wert seiner Anteile ist damit von 40 Euro je Anteil auf 28,57 Euro gefallen. Auch seine Beteiligungsquote ist gefallen, von 42,86 Prozent auf 26,79 Prozent. Dagegen verfügt Investor B über eine Beteiligungsquote von 37,5 Prozent. Er hält also einen höheren Anteil am Unternehmen für dasselbe Investment.
Um diesem Kapitalverlust vorzubeugen, kommen Downround-Protection-Klauseln zum Tragen. Dabei hat der Erstinvestor in der Regel ein einseitiges Bezugsrecht auf neu auszugebende Anteile zu einem Nennwert von jeweils 1 Euro, und zwar ohne Zahlung eines weiteren Agios bzw. einer freiwilligen Zuzahlung in die Kapitalrücklage der Gesellschaft.
Durch diese sogenannten „Anti-Dilution-Geschäftsanteile“ erhöht sich die Beteiligung des Investors wieder entsprechend. Die Verwässerung wird dadurch abgemildert oder sogar ganz aufgehoben. Wie viele Anti-Dilution-Geschäftsanteile der Investor übernehmen darf, richtet sich nach der jeweils vereinbarten Berechnungsmethode.
Die Full-Ratchet-Methode ist die für den Investor günstigste Form des Verwässerungsschutzes. In diesem Fall darf er so viele neue Anti-Dilution-Geschäftsanteile zum Nennwert zu übernehmen, bis er genauso gestellt ist, wie die Neuinvestoren der Finanzierungsrunde. Diese Methode gilt jedoch in der Venture-Capital-Branche als zu gründerunfreundlich und hat sich deshalb nicht durchgesetzt.
Am oberen Beispiel bedeutet dies: Investor A ist im Rahmen der Series-B-Finanzierungsrunde berechtigt, 7.500 neue Anti-Dilution-Geschäftsanteile zu einem Nennwert von jeweils 1 Euro zu übernehmen. Im Ergebnis senkt sich damit sein Kaufpreis auf die 28,57 Euro, für welche sich auch Investor B im Rahmen der Series-B-Finanzierungsrunde beteiligt.
Etwas nachteiliger für den Erstinvestor ist die Weighted-Average-Methode. Dabei wird der Preis der Geschäftsanteile des Erstinvestors nur auf den Durchschnittspreis aus beiden Finanzierungsrunden abgesenkt. Diese Methode scheint sich in der Venture-Capital-Branche als der Standard zu etablieren, weil sie einen guten Kompromiss zwischen den Interessen von Investoren und Gründern darstellt.
Am obigen Beispiel bedeutet dies: Investor A ist berechtigt im Rahmen der Series-B-Finanzierungsrunde insgesamt 3.751 Anti-Dilution-Geschäftsanteile im Nennwert von jeweils 1 Euro zu übernehmen, so dass sich ein durchschnittlicher Preis von 33,33 Euro pro Anteil ergibt.
Die Broad-Based-Weighted-Average-Methode ist die für Gründer vorteilhafteste und für Investoren nachteilhafteste Berechnungsmethode des Verwässerungsschutzes. Sie ist zugleich die komplexeste Methode. Hierbei wird – vereinfacht gesagt – bei der Berechnung des Durchschnittspreises die Berechnungsbasis erweitert, indem weitere Anteile berücksichtigt werden. In der Venture-Capital-Branche hat sich diese Methode nicht durchgesetzt, weil sie als zu investorenunfreundlich gilt.
Dazu zählen etwa die Anteile der Gründer oder beispielsweise virtuelle Geschäftsanteile, die im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms ausgegeben wurden. Durch die Erweiterung der Berechnungsbasis sinkt die Anzahl der Anti-Dilution-Anteile für den Investor weiter ab. Am obigen Beispiel bedeutet dies: Für Investor A sinkt der Kaufpreis der Anteile nur noch auf 35,71 Euro, was 2.250 Anteilen zu einem Nennwert von 1 Euro entspricht.
Haben Sie noch Fragen zur Downround Protection als Verwässerungsschutz? Schreiben Sie uns einen Kommentar!
Stand vom 12.07.2018 12:21