Bevor ein Investor sein Geld in eine Kapitalanlage investiert, beschäftigt sich dieser idealerweise mit dem angebotenen Produkt. Auch bei Investitionen in Startups und Wachstumsunternehmen gilt es diese einer genauen Prüfung zu unterziehen.
Essentiell dafür ist die Due Diligence (DD), eine professionelle (Risiko-)Analyse eines Unternehmens. Diese Form der Risikoprüfung gehört im Bereich Venture Capital zum täglichen Geschäft.
Das Due Diligence-Verfahren (zu Deutsch: Sorgfaltspflicht oder Risikoprüfung) beschreibt der Definition nach eine genaue Prüfung, Analyse und Bewertung eines Unternehmens in Bezug auf mögliche Risiken. Der Begriff tauchte erstmals 1933 in den USA im Kapitalmarkt- und Anlegerschutzrecht (Securities Act (SA)) auf. Die Due Diligence sollte unter anderen als Werkzeug für Sicherheiten im Wertpapierhandel dienen.
Bei einer solchen Sorgfaltsprüfung wird das betrachtete Unternehmen mit Blick auf seine wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Verhältnisse untersucht. Diese sorgfältige Überprüfung wird beim Kauf oder einer Übernahme durch einen Käufer oder ein anderes Unternehmen vorgenommen. Die Ergebnisse werden als Voraussetzung für oder gegen eine Investmententscheidung genutzt, sie sind wesentlicher Bestandteil des Vertrages.
Diese Maßnahme verfolgt ein klares Ziel. Die Due Diligence soll die Vertragspartner absichern. Alle Voraussetzung des Angebotes zum Investment in ein Unternehmen sollen seine Richtigkeit haben, alle möglichen Risiken identifiziert werden.
In der Regel erfolgt die Prüfung durch Berater wie Steuerberater, Anwälte oder Wirtschaftsprüfer. Unternehmen, die die Due Diligence für die zu prüfenden Unternehmen ausüben, sind unter anderem PwC, KPMG, EY und Deloitte. Die Due Diligence wird als Grundlage für die Unternehmensbewertung genutzt, um den Wert eines ganzen Unternehmens bei einer Anteilsübernahme zu ermitteln.
Der Ablauf einer professionellen Due Diligence kann mehrere Monate in Anspruch nehmen. Oft ist der ganze sorgfältige Prozess in Phasen gegliedert. Abschließend wird ein Bericht angefertigt.
Vom groben Screening bis zur umfangreichen Feinanalyse gibt es unterschiedlich ausgeprägte Formen der Due Diligence mit bestimmten Schwerpunkten. Der Inhalt und Umfang der Due Diligence sind bei jeder Prüfung unterschiedlich. Die verschiedenen Formen dieser Unternehmensprüfung werden von Spezialisten auf ihrem Gebiet ausgeführt, z.B. Technologie-Experten, Ingenieuren, Rechtsanwälten oder Investment Managern. Wir stellen hier eine Auswahl der wichtigsten Formen vor.
Zur Beurteilung der Finanzlage des betrachteten Unternehmens wird die Financial Due Diligence ausgeführt. Dabei werden die finanziellen Aussichten und Risiken des Zielunternehmens analysiert.
Unterschiedliche Daten werden erfasst, um die zukünftige Entwicklung im Hinblick auf Erfolge erfassen zu können. Dazu gehören unter anderem die Überprüfung des internen und externen Rechnungswesens und des Controllings des Zielunternehmens. Denkbare Erträge werden ermittelt, die Planrechnungen für den Verlauf des Unternehmens kritisch untersucht.
Grundsätzlich müssen die Finanzierungsstrukturen analysiert und Schulden oder schuldähnlichen Posten identifiziert werden. Ebenso werden potentielle Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, die Kapitalstruktur sowie Finanzierungsmöglichkeiten und -kosten festgestellt. Zudem wird eine Szenarioanalyse erstellt, um mögliche Entwicklungen abzuleiten.
Die Finanz-Experten stellen verschiedenste Rechnungen an und werten diese aus, wie die Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Kapitalflussrechnung (Cashflow-Rechnung). Dazu gehört auch die Ermittlung und Analyse von Kennzahlen EBIT und EBITDA, die sich mit dem Gewinn des Unternehmens beschäftigen, sowie die Kennzahl des Working Capital (Netto-Umlaufvermögen), welches die Liquidität und den Finanzierungsbedarf des Unternehmens beurteilen kann.
Die Commercial Due Diligence geht oft Hand in Hand mit der Financial Due Diligence. Dabei geht es vordergründlich um die Punkte Markt, Wettbewerb und Kunden.
Experten betrachten den Geschäftsplan, das Marktumfeld und die Anteile im bestehenden Markt, das Wachstum und die Wettbewerbssituation und zukünftige Positionierung. Sind die Vorstellung für Planung der Umsätze, die das Unternehmen erwirtschaftet, realistisch?
Die Kundenstruktur und und das Kundenverhalten werden ebenso einer Prüfung unterzogen. Wichtiger Bestandteil dieser Prüfung ist eine SWOT-Analyse, also eine Stärken-, Schwächen-, Chancen- und Risikoanalyse des Unternehmens. Durch diese kann das Unternehmen und seine Aktivitäten gegenüber dem Wettbewerb positioniert und analysiert werden.
Bei einer Legal Due Diligence werden alle rechtlichen Fragen inklusive denkbarer Aussichten und Risiken geklärt. Im Vordergrund steht die gesellschaftsrechtliche Struktur des Unternehmens, vom Anfang der Gründung bis zur heutigen Struktur. Dabei müssen die Eigentumsverhältnisse innerhalb des Unternehmens geklärt werden. Die Eintragung im Handelsregister wird geprüft.
Unter anderem wird eine Untersuchung der Gesellschaftsunterlagen- und -verträge gewährleistet. Die vom Unternehmen geschlossenen Verträge und arbeits-, dienstrechtlichen oder kartellrechtlichen Angelegenheiten gehören ebenso dazu. Wichtig ist die Untersuchung, ob es bereits laufende oder anstehende Rechtstreitigkeiten und behördliche Verfahren gibt. Ziel ist es auch, Ansätze für mögliche Lösungen der beleuchteten Risiken aufzuzeichnen.
Bei einer Tax Due Diligence werden alle steuerlichen Aspekte im Hinblick auf die Risiken aber auch Chancen geprüft. Dazu können Verpflichtungen gegenüber dem Staat zählen, zum Beispiel ausstehende Steuerzahlungen. Des Weiteren wird auch hier die Bilanzpolitik überprüft, ob für alle Eventualitäten vorgesorgt wird.
Die Technical Due Diligence kommt meist bei Immobilien zum Tragen. Dort wird der bauliche und technische Zustand des Gebäudes untersucht. Doch auch bei Startups und Unternehmen, die sich im Technologiebereich bewegen, ist diese Art von Prüfung zwingend, denn darauf beruht oft ihre Geschäftsidee.
Vermögenswerte wie Patente oder Lizenzen, für die zum Unternehmen gehörenden Technologie, müssen geklärt werden. Dabei stehen die Schlüsseltechnologien eines Unternehmens im Fokus, u.a. Produktionsanlagen oder Software. Grundlegend werden der Stand und der Ablauf der Technologie, sowie dessen Effektivität und Effizienz für die kommenden Jahre geprüft.
Die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens an neue Prozesse und Modernisierungsmöglichkeiten bei veränderter Lage sowie die technische und kommerzielle Wettbewerbsfähigkeit werden bei dieser Prüfung betrachtet. So kann auch eine Einschätzung erfolgen, wie hoch der Investitionsbedarf in die Technologie beim Unternehmen sich entwickeln könnte und ob Verbesserungsbedarf besteht.
Bei dieser Form wird das Personal und besonders die Geschäftsführung, bzw. die Gründer des Unternehmens, einer genaueren Prüfung unterzogen. Die Management Due Diligence beurteilt die Qualität des Managements. Dafür wird deren Lebenslauf genau überprüft, besonders mit Hinblick auf ihre Ausbildung, Erfahrungen und Empfehlungen ehemaliger Kollegen und Arbeitgeber. Man möchte einen Eindruck von den handelnden und entscheidenden Personen bekommen und achtet dabei auch wie das Team aufgestellt ist und miteinander arbeitet.
Im Bereich Wagniskapital ist der Exit, also der Verkauf eines Unternehmens, wichtig. Hier wird geprüft, welche Möglichkeiten für einen Exit das Unternehmen hat und welche Bedingungen dafür erfüllt werden müssen. Außerdem wird hierbei auch die Gesellschafterstruktur (Cap-Table) genauer untersucht, da die Zusammensetzung der Gesellschafter maßgeblichen Einfluss auf mögliche Exit-Kanäle hat. So kann das Investment eines strategischen Investors aufgrund des Wissenstransferszwar kurzfristig sinnvoll für ein Unternehmen sein, langfristig jedoch andere Exit-Kanäle blockieren.
Bei Investitionen in Startups gilt es das Investment-Angebot richtig einzuschätzen. Alle verfügbaren Daten und Angaben des Unternehmens werden kritisch und hinterfragend einer Analyse und Risikoprüfung unterzogen. Aus den Antworten werden Rückschlüsse gezogen, die abhängig vom Geschäftsmodell aber auch vom Investor-Typ interpretiert werden. Für den einen Investor oder Käufer ist das Angebot aus bestimmten Gründen attraktiv oder ein Ausschlusskriterium, für manche nicht.
Dennoch ist zusagen, dass die Risikoprüfung eines solchen Investment-Angebots nicht gleichzusetzen ist mit einer Due Diligence wie sie bei großen Unternehmen durchgeführt werden. Startups befinden sich, im Gegensatz zu großen Unternehmen, noch in einer jungen Entwicklungsphase und können oft nur wenig Datenmaterial von Monaten bis wenige Jahre vorweisen. Bei der Analyse eines Investments in Startups können viele private Investoren nicht die gleichen Möglichkeiten zur Analyse wie ein professioneller Investor, wie zum Beispiel Anwälte, Wirtschaftsprüfer oder technische Sachverständige.
Diese Punkte können private Investoren vor einer Investition in Startups beachtet: Team, Produkt, Businessplan, Alleinstellungsmerkmal, Marktpotential, Finanzplanung, Beteiligungsquote, Netzwerk-Effekte, Mittelverwendung und Besteuerung.
Haben Sie Erfahrungen mit dem Due-Diligence-Verfahren? Schreiben Sie uns einen Kommentar!
Status as of 07.06.2019 06:52